IKEA
verbindet die Welt. Das wurde uns im Sommerurlaub in Paris erst so richtig
bewusst. 1200km entfernt von der Heimat stapften wir bei Freunden von einem
Möbel-Déjà-Vu ins nächste. „Hey, die haben dasselbe Vorzimmer wie wir.“ Später
beim Händewaschen: „Schau mal, auch ein Molger im Bad.“ So ging es weiter.
Billy hier, Expedit da. „Schatz erinnerst du dich noch? Der Höllenritt am
Expedit.“
Aber nicht
nur die Einrichtung. Selbst das Einkaufserlebnis ist weltweit ident. IKEA
Storys kann man in jeden Smalltalk einflechten. Egal ob in Frankreich oder
Österreich. (Und wir Niederösterreicher sind aufgrund unserer Landesfarben
sowieso schon Fast-Schweden.)
Wie
zwanzigtausend andere gleichgesinnte Trotteln fahren auch wir natürlich immer
ausgerechnet am Samstag zum IKEA. Nach ein paar kurzweiligen Runden der
KFZ-Version von Reise nach Jerusalem haben wir Glück und finden im Parkhaus
einen freien Autosessel.
Im
gelb-blauen Möbeltempel erhitzen sich wie geplant die Gemüter. Die gutgemeinte
IKEA-Kinderbetreuung wird kategorisch abgelehnt. Unser Sohn Matthias
verschwindet in kürzester Zeit unauffindbar. Sein älterer Bruder Florian zupft
im drei Sekunden-Takt an Mama Heidruns Rock. „Mama kann ich ein Eis?“ „Mama
kann ich ein Eis?“ „Mama kann ich endlich
ein Eis?“
Zwischen
Heidrun und mir entbrennt die hitzige Diskussion, ob der breite „Sultan“ besser
zur hellen „Brimnes“ passt, oder doch eher der etwas schlankere „Jaren“.
Uneingeweihte könnten meinen, wir unterhielten uns gerade über die schwedische
Version von „Big Brother“.
Das
IKEA-Verkehrsleitsystem lenkt den Besucherstrom schließlich zielsicher ins
Wikinger-Restaurant. Bei Köttbullar Fleischbällchen mit Kroketten und Lachs
beruhigt sich unser Puls. Das Stimmungsbarometer steigt auf neue
Tageshöchstwerte.
Profi-Schnorrer
wie wir genießen so viele Softdrinks wie wir wollen. Nacheinander, versteht
sich, aus einem Familienbecher. Wozu gibt’s schließlich Free Refill? Als
Nachspeise drückt sich jeder IKEA-Jünger noch schnell ein Chemo-Eis aus dem
Automaten. Es lebe die nordische Einheitskost.
Statt der
geplanten Kommode haben wir mangels Einigung meist nur ein paar Deko-Trümmer
gekauft, die wir eigentlich gar nicht haben wollten. Aber ganz mit leeren
Händen wollten wir auch nicht dastehen. Das käme einem Eingeständnis unserer
Niederlage gleich, und einen Spiegel kann man immer brauchen.
Der
Genialität dieser schwedischen Möbelbauern ist es auch zu verdanken, dass man
sich in Zeiten der Globalisierung überall zurechtfindet. Ich spreche von den
allseits beliebten Möbelnamen. Billy bleibt Billy, egal in welchem Land.
Noch dazu
verbessern sie die hausinterne Kommunikation. Fragt Heidrun: „Schatz, weißt du
wo meine Brille ist?“ (und das tut sie mindestens dreimal täglich) dann
antworte ich präzise: „auf dem Freden“, oder „auf dem Expedit im Wohnzimmer.“
Vorbei
sind die Zeiten schwammiger Aussagen wie: „im Kasten im Wohnzimmer.“
Unweigerlich wurde nachgefragt: „Welcher Kasten? Der Rote hinten oder der
Weiße, oder meinst die niedrige Kommode?“ Standortbestimmung im Eigenheim? Vor
der skandinavischen Einheitsmöblierung, einfach unmöglich. IKEA ist das GPS im
Wohnbereich.
Ein netter
Nebeneffekt der Möbeltitulierung ist die Auflockerung der gereizten
Einkaufs-Stimmung. Vielleicht ist das sogar der eigentliche Grund dahinter?
Unterschwellige Einkaufspsychologie? Wer kann schon grimmig bleiben, wenn er
auf dem Bett „Gutvik“ probeliegt oder es sich im Wippsessel
„Poäng“ gemütlich macht? Heidrun schüttelt meist nur den Kopf und meint, ich
werde nie erwachsen.
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